Weniger Alkohol oder kein Alkohol?
Pressemitteilungen vom 02.09.2002
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Weshalb ist eine zerteilte Rotweinflasche ein
Fortschritt? Wie kann man ein volles Glas Bier zerschneiden? Die Internetseite
www.kontrolliertes-trinken.de erhält ein neues Design und mehr Informationen
für Betroffene, Fachkräfte und PressevertreterInnen.
In Deutschland verlangen Therapeuten
und Berater in der Regel von Menschen, die ein Alkoholproblem aufweisen, völlige,
lebenslange Abstinenz. Der Wunsch vieler Betroffener, weniger trinken zu wollen,
wird häufig als Leugnung des "wirklichen" Alkoholproblems interpretiert und
dementsprechend nicht unterstützt. Für veränderungsbereite Betroffene bedeutet
dies ein Dilemma: Vorhandene Hilfsangebote zur Erreichung des völligen Alkoholverzichts
sprechen sie (zunächst) nicht an - die Hilfe, die sie suchen, wird ihnen verwehrt.
Abstinenz ist für die ca. 2 Millionen
Alkoholabhängigen der sicherste Weg, ihr Alkoholproblem "in den Griff zu bekommen".
Behandlungsalternativen sind jedoch für jene erforderlich, die (noch) nicht
alkoholabhängig sind, die Abstinenz nicht erreichen können oder (noch) nicht
erreichen wollen. Die Programme zum kontrollierten Trinken stellen hier eine
Alternative dar. Der Betroffene kann zwischen den Behandlungszielen kontrolliertes
Trinken und Abstinenz wählen. Die Schwelle, professionelle Hilfe in Anspruch
zu nehmen, sinkt hierdurch - dies ist ein zentrales Ergebnis der bisherigen
Erfahrungen mit den Programmen zum kontrollierten Trinken.
Die deutschen Programme zum kontrollierten
Trinken wurden von Prof. Dr. Körkel und der Projektgruppe kT entwickelt. Die
Organisation und Betreuung dieser Programme hat die GK Quest Akademie in Heidelberg
übernommen. Stets aktuelle Informationen waren auch bisher im Internet unter
www.kontrolliertes-trinken.de zu finden. Nun wurde diese Internetseite komplett
überarbeitet und erweitert.
Der Nutzer wird auf der Startseite von
zerteilten Gläsern und Flaschen begrüßt, denn kontrolliertes Trinken heißt
nicht weiter trinken wie früher. Menschen mit Alkoholproblemen, die kontrolliert
trinken wollen, lernen ihr Trinkverhalten bewußt wahrzunehmen, aufzuzeichnen,
neue Ziele zu setzen und diese gezielt anzustreben. Und dazu gehört es auch,
Trinkmengen zu portionieren.
Inhaltlich neu ist eine direkte Zielgruppenansprache.
Betroffene, Fachkräfte und Pressevertreter erhalten eigene Bereiche (Links).
So ist es besser möglich, Informationen gezielt weiterzugeben und mehr und
spezifischere Inhalte zu vermitteln.
Integriert sind umfangreiche Datenbanken
zu Veranstaltungen zum kontrollierten Trinken sowie ein Verzeichnis der Trainerinnen
und Trainer, die Programme zum kontrollierten Trinken in Deutschland und der
Schweiz anbieten.
Im Bereich für Betroffene wird das "Ambulante
Gruppenprogramm zum kontrollierten Trinken (AkT)" vorgestellt. Prof. Dr. Körkel
bot in Nürnberg 1999 die erste AkT-Gruppe an. Nach einer Phase der Erprobung
und wissenschaftlichen Auswertung finden nun AkT-Gruppen z.B. auch in Berlin,
Duisburg, Hamburg, Heidelberg, Köln, München, Nürnberg und Zürich statt. Ende
diesen Jahres werden 30 Gruppen durchgeführt worden sein - die Zahl der Angebote
nimmt zu.
Auch das "10-Schritte-Programm zum selbstständigen
Erlernen des kontrollierten Trinkens" wird auf der neuen Webseite erläutert.
Dieses Programm wurde im September 2001 fertiggestellt und steht in der Tradition
englischer und amerikanischer Selbstlernmanuale. Nicht jeder möchte sein Alkoholproblem
"an die große Glocke hängen". Hier bietet das 10-Schritte-Programm eine gute
Möglichkeit, eine Problemlösung anonym anzugehen.
Grundsätzlich ist eine Förderung dieser
Programme zum kontrollierten Trinken durch jede Krankenkasse vor Ort nach
§ 20 SGB V möglich. Dies wurde auf einer Sitzung der PräventionsreferentInnen
der Krankenkassen-Spitzenverbände am 3. Juli 2002 bestätigt. Versicherte können
einen Zuschuss von ihrer Krankenkasse zu den Gebühren der Programme erhalten.
Die Krankenkasse vor Ort trifft im Einzelfall die Entscheidung, ob und in
welcher Höhe ein Zuschuss gezahlt wird. Deshalb sollte vor Teilnahme an einem
Programm zum kontrollierten Trinken über einen Kostenzuschuss bei der zuständigen
Krankenkasse nachgefragt werden.
Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen
(BKK) empfiehlt das ambulante Gruppenprogramm und das Selbstlernprogramm seinen
Mitgliedern. BKK-Mitglieder erhalten einen Rabatt in Höhe von 15 %. Ein Kostenzuschuss
durch die zuständige Betriebskrankenkasse ist zusätzlich möglich.
In der Rubrik für Fachkräfte werden
Forschungsergebnisse vorgestellt. In vielen anderen Ländern, etwa den USA,
Australien und Großbritannien werden derartige Programme schon seit Jahrzehnten
angeboten. Im Link "Hintergründe zum kontrollierten Trinken" werden Begründungszusammenhänge,
Ansatz und Ergebnisse ausführlich erläutert.
Im Internetbereich für Fachkräfte finden
sich auch Angebote für Zusatzausbildungen und Materialien zur Durchführung
einer qualifizierten Diagnostik und der verschiedenen ambulanten Programme.
Ein weiterer Bereich zeigt die Einsatzmöglichkeiten der kT-Programme in verschiedenen
Arbeitsfeldern auf. Was kann z.B. ein Arzt tun, wenn er merkt, das die Ursachen
einer Erkrankung im Zuviel an Alkohol liegen? Was können Unternehmen für MitarbeiterInnen
mit Alkoholproblemen tun oder besser: Was können Sie schon im Vorfeld tun?
Übrigens können Fachkräfte auch Infomaterialien online zur Auslage und gezielten
Weitergabe an Betroffene bestellen.
Im Bereich für die Presse befinden sich
Pressemitteilungen und Schaubilder, die veröffentlicht werden können. Etwa
die Grafik "Obergrenzen für einen risikoarmen Konsum" oder eine Deutschlandkarte
mit Anzahl und regionaler Verteilung der AkT-TrainerInnen (Wo finde ich Hilfe?)
und selbstverständlich auch das zerteilte Glas zum Download.
Die Internetseite ist ein Service der
GK Quest Akademie in Heidelberg. (Kontakt: Maaßstr. 28, 69123 Heidelberg,
Tel. 06221 - 739 20 30 / Fax 06221 - 739 20 40 / e-mail: info@gk-quest.de.)